PEER REVIEWED
https://doi.org/10.51897/interalia/VYJT5422
FULL TEXT PDF SIGN LANGUAGE INTERPRETATION ISSUE 18/2023
Sprachwandel in Tauben Queeren Communities in Deutschland
Martin*a Vahemäe-Zierold and Maria Kopf
Abstract
Gebärdensprachen sind vollwertige natürliche Sprachen. Es gibt keine einheitliche, universelle Gebärdensprache. Der Online-Sprachenkatalog ethnologue listet 159 Gebärdensprachen (Eberhard, Simons & Fenning, 2023) und der Weltverband der Gehörlosen schätzt, dass es weltweit sogar mehr als 300 Gebärdensprachen gibt (United Nations, 2023). Gebärdensprachen sind keine gebärdeten Versionen gesprochener Sprachen, sondern haben ihre eigenen Grammatiken und Lexika. Sie werden mit Händen, Gesicht und Oberkörper produziert und mit den Augen rezipiert. Ikonische Elemente im Vokabular können Kultur, Gesellschaft und Normen abbilden. Gebärdensprachen sind Sprachen der Tauben Communities – kleinen, verletzlichen Gemeinschaften, die täglich gegen Diskriminierung kämpfen. Dies gilt umso mehr für Taub Queere Gemeinschaften. Sie sind aufgrund ihres Hörstatus und der Verwendung einer Minderheitensprache sowie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität mit zahlreichen Barrieren konfrontiert.
Der Artikel untersucht aus unterschiedlichen Perspektiven, wie Wissen und Bewusstsein, das durch Queer und Deaf Studies gewonnen wird, die deutschen Taub Queeren Communities und ihre Sprache beeinflussen. Der Fokus liegt darauf, wie neue Perspektiven auf Gender ihren Weg in Gebärdensprachen finden. Sie eröffnen neue Wege, Identität auszudrücken und Normen und Barrieren zu bekämpfen. Die veränderte Wahrnehmung von Geschlecht als Spektrum, nicht als binäres System, beeinflusst das Vokabular der Deutschen Gebärdensprache (DGS). Gebärden wie jene für ‚trans*‘ wurden früher mit zwei ausgestreckten Fingern gebärdet, um den binären Geschlechtswechsel von einem zum anderen darzustellen. In den Taub Queeren Communities wird diese Gebärde mit der ganzen Hand gebärdet, um die Bandbreite der Geschlechtsidentitäten zu repräsentieren. Der Beitrag stellt relevante Begriffe aus den Deaf Studies, den Queer Studies und der Gebärdensprachlinguistik vor und diskutiert Beispiele wie das oben genannte.
Keywords: Gebärdensprache, Sprachwandel, Taub, Queer, diskriminierende Sprache
Language Change in Deaf Queer Communities in Germany
Abstract
Sign languages are fully-fledged natural languages. There is no single, universal sign language. The online language catalogue ethnologue lists 159 sign languages (Eberhard, Simons & Fenning, 2023) and the World Federation of the Deaf estimates that there are even more than 300 sign languages worldwide (United Nations, 2023). Sign languages are not signed versions of spoken languages, but have their own grammars and lexicons. They are produced with the hands, face and upper body and received with the eyes. Iconic elements in the vocabulary can depict culture, society and norms. Sign languages are languages of Deaf communities – small, vulnerable communities that fight discrimination on a daily basis. This is even more true for Deaf Queer communities. They face numerous barriers due to their hearing status and use of a minority language, as well as their sexual orientation and/or gender identity.
The article examines from different perspectives how knowledge and awareness gained through Queer and Deaf Studies influence the German Deaf Queer communities, and their language. The focus is on how new perspectives on gender find their way into sign languages. They open up new ways of expressing identity and challenging norms and barriers. The changing perception of gender as a spectrum, rather than a binary system, is influencing the vocabulary of German Sign Language (DGS). Signs such as those for ‘trans*’ used to be signed with two outstretched fingers to represent the binary gender change from one gender to the other. In the Deaf Queer communities, this sign is made with the whole hand, to represent the range of gender identities. The article introduces relevant concepts from Deaf Studies, Queer Studies and sign language linguistics, and discusses examples such as the one mentioned above.
Keywords: sign language, language change, deaf, queer, discriminatory language